Am 7. Februar 2013 besuchte Ernst Böhm Zorneding. Er sprach mit Bürgermeister Piet Mayr, es gab ein Mittagessen mit Bürgern aus Ehrenamt und Vereinen, anschließend zeigte ihm Frau Lindinger das neue Kinderhaus in Pöring und Biobauer Franz Lenz führte ihn zu seinen Pinzgauer Mutterkühen.
Nachmittags nahm er sich Zeit für die Zornedinger Bürger, die ihm im Cafe Hasi viele Fragen stellten. Vor der Landratswahl am 14. April will er alle Gemeinden des Landkreises besucht haben und sich einen umfassenden Einblick verschaffen. Und natürlich hatte er auch für unsere Fragen ein offenes Ohr:
RUNDSCHAU: Es freut uns sehr, dass du dir trotz deines dicht getakteten Tages auch für uns Zeit genommen hast. Die nächste Rundschau erscheint ja bald und so können wir dich zeitnah bei allen Zornedinger Bürgern bekannt machen. Darf ich dich zuerst einmal um einen kurzen Steckbrief bitten.
Ernst Böhm: Auf meinen ehrlich erarbeiteten Doktortitel lege ich keinen Wert;. Alter: 55 Jahre, zwei Söhne, in einer Patchwork-Familie lebend, gelernter Jurist, aber seit 25 Jahren als Geschäftsführer eines Handwerksbetriebes und nun als Inhaber einer Baufirma tätig.
RUNDSCHAU: Deine Hobbys und Interessen wollen unsere Leser auch gerne erfahren.
Ernst Böhm: Gut, ich spiele gerne Schach, Tischtennis und Golf, ich gehe ab und zu in die Berge und habe als etwas ausgefallenes Hobby die Rechtsphilosophie.
RUNDSCHAU: Welches Buch hast du denn zuletzt gelesen?
Ernst Böhm: Das allerletzte war „Gerechtigkeit siegt, aber nur im Film“.
RUNDSCHAU: Gibt es ein Vorbild, dass deine Arbeit beeinflusst hat?
Ernst Böhm: Friedrich Klinger, mein erster Chef, und Helmut Schmidt.
RUNDSCHAU: Mit welchen Qualitäten willst du als Landrat begeistern?
Ernst Böhm: Kompetenz, Erfahrung und parteiübergreifend zwischen widerstreitenden Interessen vermitteln.
RUNDSCHAU: Welche Fähigkeiten muss denn für dich ein guter Landrat mitbringen?
Ernst Böhm: Erfahrung, strukturiertes Denken, Durchsetzungsstärke und die Kunst zu sparen.
RUNDSCHAU: Der Landkreis Ebersberg gehört zu den beliebtesten Landkreisen in Münchens Umgebung und München drängt nach außen. Ich vermute für die Zukunft, das bringt uns mehr Verkehr, mehr Wohnungsbau und mehr Gewerbe. Welche Herausforderungen siehst du und wie wirst du damit umgehen?
Ernst Böhm: Erst mal zu Recht und nicht umsonst wohne ich in Grafing. In Münchennähe wird man dem Wachstumsdruck der Metropolregion nachgeben müssen, allerdings ist dieser so zu gestalten, dass die Vorteile für das Gemeinwohl größer sind als die unvermeidbaren Nachteile. Auf deutsch: Wer in der Nähe von München Siedlungen bauen will, soll dies ruhig tun, denn irgendwo müssen die Menschen wohnen. Allerdings ist eine gerechte Aufteilung der Wertschöpfung beim Baugrund oberste Pflicht. Wir brauchen viel Geld und ein Teil wird aus der Wertschöpfung bei der Baulandausweisung kommen müssen.
RUNDSCHAU: Es gibt bei uns in Zorneding Widerstände gegen die Aufnahme von Asylbewerbern. Wenn das Thema Wohnraumbereitstellung für Asylbewerber im Gemeinderat angesprochen wird, kommt es zu heftigen Diskussionen. Wie wirst du damit umgehen?
Ernst Böhm: Der Instinkt, Fremdes abzulehnen, gehört wohl zu biologisch verfestigten Ur-Instinkten. Meinem humanistischen Ideal entspricht er nicht und im übrigen wird die Wirtschaft auf die Zuwanderung von qualifizierten Menschen angewiesen sein.
RUNDSCHAU: Am 3. Februar war der Sozialempfang der SPD. Wie siehst du die Bedeutung des Ehrenamtes in unserer Gesellschaft und wo würdest du die engagierten Menschen unterstützen?
Ernst Böhm: Das Ehrenamt ist überragend wichtig und wird noch wichtiger werden, denn die staatlichen Mittel werden immer knapper, die sozialen Aufgaben aber immer umfangreicher. Die Lösung kann hier nur bürgerliches Engagement bringen, ehrenamtliche Tätigkeit ist beispielgebend und gehört durch Anerkennung unterstützt. Um es ganz deutlich zu sagen: unter meiner Führung wird an Teer, Steinen und Beton gespart, nicht an der Unterstützung für das Ehrenamt. Und damit das auch jeder versteht: 100.000?€ sparen beim Bauunterhalt traue ich mir im ersten Halbjahr zu. Diese 100.000?€ sind für die Unterstützung des Ehrenamtes bestens investiert.
RUNDSCHAU: Der Landkreis Ebersberg hat das Ziel bis 2030 unabhängig von fossilen Energieträgern zu sein. Wie willst du diese Bemühungen unterstützen und wo legst du deine Schwerpunkte?
Ernst Böhm: Energiewende ja, aber mit Augenmaß. Das Thema ist wichtig und positiv besetzt - auch bei mir. Vorrang hat: den positiven Tenor beibehalten, bei der Umsetzung jedoch realistische Ziele und Augenmaß anmahnen.
Der Energieverbrauch in Deutschland verteilt sich in etwa wie folgt: 40 Prozent Gebäude – nötig sind hier mehr Investitionen in erneuerbare Energieerzeugung und weniger Investitionen in bauliche Maßnahmen; 30 Prozent Verkehr – das bedeutet Vorrang für Schiene und Fahrrad vor Pkw und Lkw; 30 Prozent für Gewerbe und Industrie – Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit haben Priorität. In dieser Reihenfolge und mit diesen Grundsätzen werde ich das Klimaschutzkonzept des Landkreises unterstützen.
Die Politik kann grundsätzlich nur das Geld der Bürger einsetzen. Hier ist Vorsicht erste Pflicht. Wohlhabende Bürger und ertragsstarke Unternehmen können mehr Risiko eingehen. Dieses Engagement werde ich fördern und fordern. Der Landwirtschaft und dem Genossenschaftsgedanken kommt in meinen Augen ebenfalls besondere Bedeutung zu.
RUNDSCHAU: Dein Mitbewerber hat den Eindruck erweckt, dem Naturschutz und Flächenfraß unsensibel gegenüberzustehen. Wie siehst du das?
Ernst Böhm: Also erstmal zu meinem Mitbewerber, bei einer Wahlkampfrede sollte man nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Im Übrigen ist Naturschutz unverzichtbar und die Berücksichtigung der Natur ist Grundlage für die Zukunft unserer Kinder.
RUNDSCHAU: Für den Landkreis Ebersberg hat der Kreistag 2010 das erste seniorenpolitische Gesamtkonzept verabschiedet, um den Herausforderungen des demografischen Wandels entgegenzutreten. Welche Akzente wirst du setzen?
Ernst Böhm: Senioren massenhaft ins Ehrenamt.
RUNDSCHAU: Ja, das ist doppelt gut, da profitieren alle Seiten! Welche von den Aufgaben, die auf dich warten sind dir besonders wichtig und auf welche freust du dich besonders?
Ernst Böhm: Drei Dinge sind mir besonders wichtig: Ehrenamt, Ehrenamt und Ehrenamt. Und besonders freue ich mich auf die Unterstützung des ortsansässigen Gewerbes und des Mittelstandes. Das ist für mich ein Heimspiel.
RUNDSCHAU: Wie stehst du zum Thema Tranparenz im Landratsamt? Bisher gab es immer wieder Klagen, dass es Wochen dauert bis Protokolle die Kreisräte erreichen. Und bekommen vor allem auch Bürger zügig einen Einblick?
Ernst Böhm: Selbstverständlich ja. Und im Übrigen bin ich gespannt inwieweit die Erledigungsgeschwindigkeit im Mittelstand auch auf eine Behörde übertragen werden kann.
RUNDSCHAU: Im Umgriff von Zorneding kann man einige priviligierte Bauprojekte besichtigen, die nie landwirtschaftlich genutzt wurden, aber vom Landratsamt genehmigt worden sind. Die Gemeinde kann nichts dagegen unternehmen.
Ernst Böhm: So ist es, landwirtschaftliche Vorhaben sind privilegiert und da sind sowohl den Juristen als auch dem Landrat die Hände gebunden. Andererseits ist es so, dass einige Bauern auch Flächen haben, die sie gerne nicht landwirtschaftlich entwickeln würden (Baugrund!). Hier brauchen sie das Landratsamt und hier wird mein Bemühen sein, öffentliche und private Interessen in Einklang zu bringen. Baugrund muss auch zur Schaffung von Gemeinwohl eingesetzt werden. Über die Grundzüge der Entwicklung müssen wir zunächst eine städtebauliche Vereinbarung skizzieren und in Geltung setzen.
RUNDSCHAU: Der Landkreis ist nach wie vor sehr ausgeprägt in eine Nord- und eine Südhälfte gespalten, z.B. orientieren sich die Poinger nach Erding, die Kirchseeoner nach Grafing. Welche Ideen hast du den Landkreis stärker zu einem Landkreis zu vereinen?
Ernst Böhm: Ganz ehrlich gesagt, auch ich werde den Ebersberger Forst nicht roden und auch ich und kein anderer wird verhindern können, dass sich Poing eher nach Erding orientiert und Vaterstetten eher nach München, aber Emmering schon nach Rosenheim schielt und Steinhöring nicht weit nach Wasserburg hat. Ich glaube, dass man da an gewisse Gegebenheiten gebunden ist.
RUNDSCHAU: Hattest du schon Gelegenheit einen deiner Mitbewerber kennenzulernen?
Ernst Böhm: Kurz konnte ich mit jedem meiner Mitbewerber plaudern, wichtig ist mir aber, mit jedem ein längeres Gespräch zu führen. Mir ist an einem fairen Wahlkampf gelegen und ich glaube, dass das persönliche Kenenenlernen hilft, die eine oder andere unnötige Spitze und Schärfe zu vermeiden. Die Kunst ist, nicht zu streiten!
RUNDSCHAU: Ich habe gehört, die CSU könnte einen bemalten Zaunpfosten aufstellen und er würde als Landrat gewählt. Woraus schöpfst du Zuversicht, die Wahl für dich zu entscheiden.
Ernst Böhm: Früher war das vielleicht möglich, doch auch ein großer Fixstern überschreitet eines Tages den Zenit. Oder auf bayerisch: auch ein schöner Apfelbaum muss von Zeit zu Zeit gestutzt werden, damit die Äpfel nicht immer kleiner werden.
RUNDSCHAU: Wie sehen die weiteren Planungen aus, um vielen Landkreisbürgern die Möglichkeit zu geben, dich kennenzulernen?
Ernst Böhm: Meine nächsten größeren Termine sind:
RUNDSCHAU: Wie sähe dein erster Tag im Landratsamt aus?
Ernst Böhm: Ziemlich sicher würde ich durch die Büros der Mitarbeiter gehen, Grüß Gott sagen und ein paar Worte wechseln.
RUNDSCHAU: Ganz herzlichen Dank für das offene Gespräch. Wir wünschen dir einen fairen Wahlkampf und uns einen neuen Landrat Ernst Böhm.