Unsere Flüchtlingskinder im Eschenhof

02. Dezember 2014

Der Asylbewerber Helferkreis in Zorneding hat sich am 11. November mit dem Flugblatt "Unsere Flüchtlingskinder im Eschenhof" an die Zornedinger Bürgerinnen und Bürger gewandt. Darin fordert der Helferkreis die Unterkunft im Eschenhof solange weiter zu erhalten, bis alle Flüchtlingskinder durch Jugendhilfeorganisationen sinnvoll untergebracht und gefördert werden können.

In der anschließenden Bürgerversammlung konnte die Sprecherin des Zornedinger Asylbewerber Helferkreises Angelika Burwick die große Mehrheit der Zornedinger für Ihre Position gewinnen. Aktuell wohnen noch 15 Flüchtlingskinder im Eschenhof.

Hier das Flugblatt des Asylbewerber Helferkreis Zorneding:

Unsere Flüchtlingskinder im Eschenhof

Am 30.09.2014 war Herr Minister de Maizière in der Bayernkaserne und betrachtete ungehalten die dortigen Zustände. Herr Bauer, der Pächter des Eschenhofs war ebenfalls anwesend und es wurde beschlossen, sein gesamtes Hotel für die Flüchtlingswaisen durch die Stadt München zu mieten.

So konnte das Jugendamt München binnen 24 Stunden 59 unbegleitete jugendliche Flüchtlinge im Eschenhof unterbringen. Das Jungendamt war mit dieser Aufgabe personell überfordert und es kam in den folgenden Wochen zu diversen und vielen Kommunikationsschwierigkeiten zwischen dem Jugendamt München und unserer Gemeinde. Auch das erforderliche Betreuungspersonal für die traumatisierten Kinder konnte von München nicht in ausreichendem Maße und nach den gesetzlichen Vorgaben gestellt werden.

Im Eschenhof wurden im Wesentlichen zwei ethnische Gruppen vermischt. Dabei wurde von den Verantwortlichen in München übersehen, dass die Eritreer und Zentralafrikaner auf ihrer Flucht durch Lybien von lybischen Offiziellen vergewaltigt und gefoltert wurden.

Während der Herbstferien, von vielen eine gern genutzte Gelegenheit die letzte Sonne in warmen Urlaubsländern zu nutzen oder auch die Schisaison zu eröffnen, musste zusätzlicher Personalmangel von München aufgefangen werden, was zu weniger Erfahrungspotential und geringerer Qualifikation der eingesetzten Mitarbeiter führte. Die Security-Firma löste dasselbe Problem genauso unfachmännisch.

Vor diesem Hintergrund bekommen die Vorkommnisse am vorletzten Wochenende im Eschenhof ein anderes Gesicht. Unsere Flüchtlingswaisen sind friedliche Kinder, die sich wohl aber wehren. Die Lybischen Flüchtlinge wurden von München in der letzen Woche verlegt. Derzeit sind 35 eritreische Jugendliche im Eschenhof, also nur eine ethnische Gruppe.

Warum sind sie eigentlich nicht in ihrer Heimat geblieben?

In Eritrea stellt die UN immer wieder schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen wie willkürliche Tötungen und Verhaftungen, erzwungenes verschwinden lassen, Folter, sowie fehlende Meinungs-, Religions- und Versammlungsfreiheit fest. In Angst um Leib und Leben entscheiden sich mutige, verzweifelte und in gewissem Sinne wohlhabende Menschen, die die horrenden Summen für die Schlepperbanden aufbringen können, zur Flucht. Unsere Jugendlichen haben die Flucht überlebt, dabei aber ihre Eltern und vielleicht auch Geschwister verloren. Mussten sie mit ansehen, wie Eltern zu Tode gefoltert, Mütter und Schwestern vergewaltigt wurden, sind die Eltern verhungert, verdurstet oder wegen Schwäche an Krankheit gestorben, sind sie ertrunken oder im Gewirr verloren gegangen?

Jetzt sind die Waisen hier und sie wollen Frieden. Sie möchten Deutsch lernen und eine Berufsausbildung. Sie wollen ihr eigenes Geldverdienen und dauerhaft geschätzte Mitglieder unserer Gesellschaft werden.

Sicher sind die Vorfälle vom vorvorigen Wochenende nicht dazu geeignet, in der Bevölkerung Begeisterung zu schaffen. Als Leiterin vom Helferkreis in Zorneding sind bei mir bisher nur und ausschließlich Rückmeldungen eingegangen, die auf Verständnis mit den Jugendlichen beruhen. Bisher hat mir keiner gesagt, die Kinder müssen weg, sondern alle meinen, die Kinder sollen bleiben.

Aus psychologischer Sicht wäre es eine Katastrophe für die Kinder, schon wieder herum geschupst oder gar ausgegrenzt zu werden. Sie haben vermutlich noch nie in Frieden gelebt, sondern immer nur Angst um Leib und Leben gehabt.

Ganz abgesehen davon, dass therapeutische Hilfe hier angebracht wäre, fangen die Kinder an, hier in Zorneding Wurzeln zu schlagen. Und das wirkt sicher heilsam für ihre geschundenen Seelen. Unsere Zornedinger Jugend hat schon viel Kontakt mit den Flüchtlingen. Erstaunlicher Weise können sie sich wunderbar verständigen. (Wie auch immer Kinder das machen, ohne ausreichende gegenseitige Sprachkenntnisse) Die Waisenkinder nehmen bereits an Konzerten und Sportevents teil, helfen bei den Vorbereitungen und wollen selbst Musik beisteuern oder ihre landestypischen Speisen herrichten. Wenn das keine beginnende gelungene Integration ist!

Der Helferkreis (bisher 107 Mitglieder) hat sich organisiert, es laufen eine Menge Aktivitäten an, um den Kindern die Integration zu erleichtern und den Start in ein neues Leben zu ermöglichen.

Seit letzter Woche ist eine Sprachlehrerin im Eschenhof und unsere Grundschule hat Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, in denen die Kinder lernen können. Der Arbeitskreis „Sprache“ aus dem Helferkreis organisiert Übungsaktivitäten in Ergänzung zum Unterricht.

Was passiert nach dem 31.12.2014 mit den Kindern?

In der Presse war davon die Rede, der Eschenhof würde zum 31.12.2014 geschlossen. Ich habe mit Frau Staatsministerin Emilia Müller gesprochen. Sie will die Kinder nach und nach in Jugendhilfeorganisationen mit der Möglichkeit, einen Beruf zu lernen, unterbringen. Ob der 31.12.2014 damit ein festet Datum ist, bleibt bisher offen.

Meine dringenden Anliegen sind

  • alle Zornedinger Bürger zu informieren und die Gerüchteküche zu beenden
  • den Kindern die besten Startmöglichkeiten in ein neues Leben mit Ihrer aller Hilfe zuteil werden zu lassen. Dabei steht der Helferkreis in Zorneding hinter mir.

Herzlichst

Ihre
Angelika Burwick
Helferkreis Zorneding

Zorneding, 10.11.2014

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